Algorithmische Systeme sind längst Teil unseres Alltags und betreffen jeden von uns. Doch was wissen und denken eigentlich die Menschen in Deutschland über Algorithmen? Dieser Frage sind wir in einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung nachgegangen. Die Ergebnisse machen deutlich: Wenn es um Algorithmen geht, herrscht in Deutschland Unkenntnis, Unentschlossenheit und Unbehagen.

Wenn wir Informationen googeln, auf Facebook unterwegs sind oder Tinder nutzen, jeden Tag sind wir mit Algorithmen konfrontiert. Sie entscheiden nicht nur, welche Informationen uns angezeigt werden. Sie bewerten auch unsere Kreditwürdigkeit und entscheiden teils schon, wer im Bewerbungsprozess auf einen Job die Hürde der Vorauswahl nimmt. Das kann zu mehr Chancengerechtigkeit, aber auch zu Diskriminierungen führen. Die Diskussion über Chancen und Risiken algorithmischer Entscheidungsfindung nimmt zumindest in der Presse und Politik allmählich Fahrt auf. Doch was ist mit der Bevölkerung? Was wissen die Menschen über Algorithmen und ihren Einsatz? Welche Einstellungen haben sie zum Thema? Und wollen sie, dass Entscheidungen automatisiert getroffen werden? Antworten auf diese Fragen gibt die Umfrage „Was Deutschland über Algorithmen weiß und denkt“. Die Ergebnisse zeigen, dass die Menschen in Deutschland sehr wenig darüber wissen, was Algorithmen sind und wo sie eingesetzt werden. Die meisten haben noch keine klare Meinung zu Chancen und Risiken , hegen jedoch ein großes Unbehagen gegenüber Urteilen und Entscheidungen von Algorithmen.

Unkenntnis, Unentschlossenheit und Unbehagen gegenüber Algorithmen

Das Thema beschäftigt die deutsche Bevölkerung noch kaum. Fast der Hälfte der Befragten fällt zum Begriff „Algorithmus“ spontan nichts ein und nur 10 Prozent wissen genau, wie Algorithmen funktionieren. Allenfalls bei Tinder oder personalisierter Werbung vermutet etwa 50 Prozent der Befragten den Einsatz automatisierter Entscheidungen. Dass diese auch bei der Vorauswahl von Job-Bewerbern angewendet werden, ist nur einem Drittel der Befragten klar. Dieses Unwissen führt nicht grundsätzlich zu einer negativen Haltung: Die Menschen sehen sowohl den pragmatischen Nutzen (etwa Effektivität) als auch die Risiken. Eine positive Einstellung haben vor allem Technikbegeisterte, Sachkundige und Männer. Fast die Hälfte der Befragten hat jedoch noch keine festgelegte Einstellung zu Vor- und Nachteilen von Algorithmen. So unklar die Haltung noch ist, so eindeutig ist das Unbehagen in der Bevölkerung gegenüber algorithmenbasierten Entscheidungen. Die meisten ziehen menschliche Urteile automatisierten vor. Fast drei Viertel befürworten ein Verbot von Entscheidungen, die Software alleine trifft.

Kompetenzaufbau auf allen Ebenen erforderlich

Für eine realistische Einschätzung von Chancen und Risiken brauchen wir in Deutschland neben einer breiten gesellschaftliche Debatte vor allem einen Wissens- und Kompetenzaufbau auf allen Ebenen. Automatisierte Entscheidungen betreffen uns alle. Jeder Bürger braucht deshalb Digitalkompetenz und ein grundlegendes Verständnis von Funktion und Einsatzgebieten von Algorithmen – nicht zuletzt um seine Rechte wahrnehmen zu können. Auch auf staatlicher Seite ist mehr Kompetenz gefragt, um Vorbild zu sein und Algorithmen im Sinne der Gesellschaft zu gestalten. Dazu gehört es auch, den Wunsch der Bevölkerung nach effektiveren Kontrollen von algorithmischen Systemen ernst zu nehmen, Maßnahmen zu diskutieren und ihre Umsetzung voranzutreiben.

 

Hier finden Sie das PDF zur Umfrage „Was Deutschland über Algorithmen weiß und denkt“ mit Cover, das nicht unter eine CC-Lizenz fällt.

Wenn sie die Umfrage weiterverwenden möchten, finden sie hier eine Version ohne Cover, die komplett CC-lizensiert ist.