Am 23. Mai nahm die Bertelsmann Stiftung an einem hochrangig besetzten Panel in Paris teil, das sich mit der Frage beschäftigte, wie Technologie zur Stärkung von Demokratie und Multilateralismus eingesetzt werden kann.
Wie können Technologien genutzt werden, um die Demokratie zu stärken und die Zukunft des Multilateralismus zu sichern? Dies war die zentrale Frage einer hochkarätigen Paneldiskussion, die letzte Woche in Paris stattfand und von der Bertelsmann Stiftung in Zusammenarbeit mit der NGO RadicalxChange und der Paris School of International Affairs an der SciencesPo organisiert wurde.
Eine Vision für den Einsatz von Technologie zur Stärkung der Demokratie
Der Anlass der Veranstaltung war die Veröffentlichung des Buches „Plurality“, welches von Audrey Tang, der ehemaligen Digitalministerin Taiwans, und Glen Weyl von Microsoft Research herausgegeben wurde. Das Buch bietet einen Orientierungsrahmen, wie Technologie zur Stärkung der Demokratie eingesetzt werden kann. Neben den beiden Hauptautor:innen haben über hundert Personen an dem Buch, welches ein Open-Source-Projekt darstellt, mitgewirkt.
Neben den beiden Autor:innen nahmen Marie-Doha Besancenot, stellvertretende Generalsekretärin der NATO für öffentliche Diplomatie, und Arancha Gonzalez Laya, Dekanin der Paris School of International Affairs an der SciencesPo und Kuratoriumsmitglied der Bertelsmann Stiftung, an dem Panel teil.
Die Veranstaltung, die von Martin Hullin von der Bertelsmann Stiftung moderiert wurde, diente als „Realitätscheck” und hatte zum Ziel, die Praxisnähe der Vorschläge zu erörtern, wie Technologie zur Stärkung der Demokratie eingesetzt werden kann.
Die lebhafte und sehr spannende Diskussion brachte einige interessante Erkenntnisse hervor.
Staatliche Investitionen in digitale Infrastrukturen fehlen
Investitionen in Technologien und digitale Infrastrukturen werden überwiegend vom privaten Sektor getragen. Es fehlt massiv an staatlichen Investitionen in digitale Infrastrukturen. Eine Ausnahme bildet die NATO, die in den letzten Jahren ihre Investitionen in diesem Bereich stark vorangetrieben hat. So hat die NATO neben einem Start-up-Accelerator für Cyber-Bedrohungen vor zwei Jahren einen Innovationsfonds aufgelegt, der mit einer Milliarde Euro in sogenannte Dual-Use-Technologien investiert.
Eine große Herausforderung liegt darin, wie mehr öffentliches Kapital für Investitionen in digitale Infrastrukturen mobilisiert werden kann. Arancha Gonzalez argumentierte in diesem Zusammenhang, dass die Verfügbarkeit von Kapital weniger ein Problem darstellt als vielmehr die Bündelung von Kapital mit den richtigen Anreizen. Dafür müssten die europäischen Kapitalmärkte besser integriert werden und Anreizsysteme geschaffen werden, die mehr Investitionen in digitale öffentliche Güter ermöglichen. Entscheidend sei, dass öffentliche Investitionen nicht von einzelnen Nationen, sondern koordiniert über Länder hinweg getätigt werden.
Die Verknüpfung technischer Lösungen mit politischen Prozessen als Erfolgsgeheimnis
Taiwan wird oft als große Erfolgsgeschichte angesehen, wie Technologie von staatlicher Seite im Sinne der Bürger:innen eingesetzt werden kann. Der zentrale Schlüssel für den Erfolg Taiwans liegt darin, dass technische Lösungen immer mit politischen Prozessen verbunden werden. Ein Beispiel ist das Umfrage-Tool Polis, mit dem Meinungsbilder zu politischen Fragestellungen erhoben werden können, und das auch im Rahmen der Q&A der Paneldiskussion mit den Teilnehmer:innen im Raum genutzt wurde. Was den Einsatz von Polis in Taiwan von anderen Ländern unterscheidet, ist, dass die erhobenen Meinungsbilder in gesetzliche Regelungen einfließen. Werden technische Lösungen nicht an politische Prozesse gebunden, handelt es sich nur um Experimente und der Mehrwert für die Bürger:innen ist gering.
Appell zur Stärkung der Demokratie
Die Veranstaltung endete mit einem eindringlichen Appell zur Stärkung der Demokratie. Auf die Frage des Publikums, wie chinesische Desinformationskampagnen gegen Taiwan ausgestaltet sind, antwortete Audrey Tang, dass diese sich nie gegen einzelne Parteien richteten. Stattdessen verfolge die chinesische Regierung immer das gleiche Narrativ, dass „Demokratien nicht liefern“. Dieser Punkt unterstrich nochmals, wie wichtig auch das Engagement der Bertelsmann Stiftung bleibt, Technologien stärker im Sinne der Bürger:innen einzusetzen.
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