Welche Kompetenzen braucht die Verwaltung, um angemessen und erfolgreich mit KI-Systemen umzugehen und wie kann man sie erfassen? Mit diesen Fragen im Hinterkopf haben wir gemeinsam mit zwei Expert:innen ein umfangreiches Kompetenzraster für KI-Kompetenzen in der Verwaltung erarbeitet. In einem Workshop am 14. Juni haben wir das Kompetenzraster mit Praktiker:innen aus Verwaltung und Weiterbildung erprobt und diskutiert.
KI und algorithmische Systeme halten für die öffentliche Verwaltung einige Zukunftsversprechen bereit: Entlastung von Routineaufgaben und mehr Zeit für individuelle Beratung, effizientere Prozesse sowie eine Abfederung des Fachkräftemangels. Doch sie können auch Risiken, wie etwa Diskriminierung und Autonomieverlust der Mitarbeitenden mit sich bringen. KI hält Einzug in die Arbeitswelt und wird in den kommenden Jahren auch vor der Verwaltung nicht Halt machen. Deshalb braucht es entsprechende Kompetenzen in der Breite der Verwaltung.
Vor diesem Hintergrund haben wir im Projekt reframe[Tech]gemeinsam mit Derya Catakli und Michael Puntschuh einen Kompetenzraster für KI-Kompetenzen in der öffentlichen Verwaltung entwickelt, das im September veröffentlicht wird. Die Autor:innen haben das Kompetenzraster auf Basis einer umfassenden Literaturrecherche erstellt. Um zu prüfen, ob das aus der Theorie erarbeitete Kompetenzraster auch für die Praxis tatsächlich nützlich ist, veranstalteten wir am 14. Juni einen Workshop mit Praktiker:innen im Haus Berlin der Bertelsmann Stiftung.
Diverse Perspektiven aus der Praxis sind entscheidend
Zum Workshop kamen Teilnehmende mit ganz unterschiedlichen Perspektiven zusammen: Personalentwickler:innen, Digitalisierungs- und Projektmanager:innen sowie Sachbearbeiter:innen aus Kommunen, IT-Mitarbeitende und CIO sowie IT-Dienstleister, Berater und Weiterbildungsträger wie die Landesakademie für öffentliche Verwaltung Brandenburg und der KI Campus.
Im ersten Teil des Workshops machten sich die Teilnehmenden mit dem KI-Kompetenzraster vertraut, indem sie es nutzten, um ihre eigenen KI-Kompetenzen einzuschätzen. Der erste Eindruck zum Kompetenzraster wurde in einer Feedbackrunde gesammelt. Im zweiten Workshopteil wendeten die Teilnehmenden das Kompetenzraster konkret an: sie definierten Rollen (z.B. Entscheider:innen, Anwender:innen), die an einem KI-Projekt beteiligt sind und bestimmten die KI-Kompetenzen, die für die jeweiligen Rollen relevant sind. Abschließend diskutierten wir Wege zum Kompetenzaufbau in der öffentlichen Verwaltung und mögliche praxisorientierte Weiterentwicklungen des theoretischen Kompetenzraster.
Kompetenzaufbau in der Breite braucht entsprechende Organisationskultur und Akzeptanz
Aus Sicht der Teilnehmenden bot das Kompetenzraster einen guten Überblick über KI-Kompetenzen in der Verwaltung. Gleichzeitig nahmen sie es in seinem Umfang (21 Kompetenzen (z.B. Prozesse mit KI optimieren, Reflektiert mit KI interagieren oder über KI kommunizieren) aus verschiedenen Kompetenzarten (z.B. organisatorische, personale oder kommunikative Kompetenzen)) als sehr komplex war. Am Nachmittag zeigte sich in der praktischen Anwendung jedoch, dass sich diese Komplexität gut verringern lässt, wenn man das Raster auf verschiedene Rollen anwendet. Dadurch wurde zum einen deutlich, dass keine Rolle alle 21 Kompetenzen benötigt bzw. nicht alle Kompetenzen auf Expert:innen-Niveau braucht, sondern dass oftmals ein Einsteiger-Niveau ausreicht. Zudem zeigte sich, dass es in den verschiedenen Rollen unterschiedliche Kompetenzschwerpunkte gibt (z.B. Entscheider:innen vor allem organisatorische und kommunikative Kompetenzen, Anwender:innen vor allem operative Kompetenzen).
Vor diesem Hintergrund hielten die Teilnehmenden eine konkrete Zuspitzung des Rasters und entsprechende Handreichungen für an KI-Projekten beteiligten Rollen für eine sinnvolle Weiterentwicklung. Weitere Ideen waren zum Beispiel ein Self-Assessment-Tool mit Einschätzungsfragen und konkreten Beispielsituationen für einzelne Kompetenzen; Success-Stories von Institutionen, die Kompetenzanforderungen erfüllen; sowie ein Tool für Planer:innen, mit dem sie den Kompetenzstand und -bedarfe einer Organisation einschätzen können.
In der Abschlussdiskussion wurde dann deutlich, dass ein erfolgreicher Kompetenzaufbau eine Anpassung der Organisationskultur (Veränderungskultur und Fehlerkultur) braucht sowie eine grundlegende Akzeptanz der Mitarbeitenden. Dazu sei vor dem eigentlichen Kompetenzaufbau zunächst wichtig, grundlegendes Wissen, vor allem über die konkreten Potenziale von KI für die eigene Arbeit, zu vermitteln. Um KI-Projekte in die Umsetzung zu bekommen, sei es zudem sinnvoll, einen breiten Kreis von Stakeholdern im Kompetenzaufbau zu berücksichtigen, z.B. Personalrat oder Beauftragte für Datenschutz, damit diese den Einsatz von KI realistisch beurteilen können.
Das KI-Kompetenzraster soll einen umfassenden Überblick über KI-Kompetenzen in der Verwaltung geben und eine Grundlage schaffen, um über das Thema zu diskutieren sowie Kompetenzen in der Verwaltung zu erfassen. Es wird im September veröffentlicht.
Die Ergebnisse des Workshops fließen in die weitere Arbeit am Kompetenzraster sowie in mögliche künftige Projekte zur Weiterentwicklung des Kompetenzraster ein. Wir danken allen Teilnehmenden des Workshops für Ihr wertvolles Feedback und Anregungen.
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